Freitag, 17. April 2015

Günter Rohrmoser zur Abtreibung

Die folgenden Zitate stammen aus Rohrmosers Buch "Der Ernstfall" (2. Auflage von 1996). Es ist bedrückend, auf die rund 20 Jahre seit der Veröffentlichung zurückzublicken und zu sehen, wie recht er damals hatte und wie sehr sich dies inzwischen verschärft hat.

"Der Deutsche Bundestag hat 1992 mit der Unterstützung von Bundestagsabgeordneten der CDU eine Regelung herbeigeführt, die man euphemistisch "Fristenlösung" nennt. [...] Diese sogenannte Fristenlösung wird also nur möglich werden, weil der schlichte Sachverhalt, dass es sich um willkürliche Tötung eines unschuldigen menschlichen Lebens - aus welchen subjektiven Gründen auch immer - handelt, sprachlich verschleiert wurde. Im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) wird eine bewusst und gezielt auf die Tötung eines anderen gerichtete Handlung sogar Mord genannt. Die Abtreibungsproblematik ist keine Frage der christlichen Moral oder der Moral überhaupt. Es ist auch keine Frage der sogenannten "Werte". Werte kann man um anderer Werte willen verneinen. Man kann sie um angeblich übergeordneter Werte oder um abweichender anderer Werte willen außer Kraft setzen. Der Streit um die "Werte" ist unlösbar. Wenn ich aus dem ungeborenen Leben einen Wert mache, kann ich diesen Wert natürlich bestreiten - aber mit fürchterlichen Folgen für das ungeborene Leben. Das ungeborene Leben ist eben kein Wert, sondern wirkliches Leben." (S. 155)

"Wir haben inzwischen - ähnlich wie in der Weimarer Republik - ein weitgehend positivistisches Verständnis vom Rechtsstaat. Das bedeutet, dass wir alles für Recht halten, was der Gesetzgeber nach Erfüllung bestimmter Kriterien zum Recht erklärt. Wir wissen aber, dass die Weimarer Republik an dieser positivistischen Rechtsauffassung mit zugrunde gegangen ist. Wir hatten uns nach 1945 vorgenommen, die sittliche Idee oder sittliche Substanz des Rechts anzuerkennen, weil wir in den zwölf Jahren des Nationalsozialismus die Erfahrung mit der Verneinung des Rechts gemacht haben. Die überwältigende Mehrheit der Deutschen wusste nach 1945, dass sich dies nicht wiederholen dürfe. Jeder wusste, dass die Idee des Rechts die Anerkennung des Lebensrechts eines jeden einzelnen einschloß und dass dies eine sittliche Notwendigkeit war, wenn das deutsche Volk aus dieser schrecklichsten Zeit seiner Geschichte eine Lehre ziehen wollte. Wir stehen heute an dem Punkt, an dem wir das offenbar vergessen haben." (S. 155f)

"Durch die Höherbewertung des Selbstbestimmungsrechts der Frau wird das Kind automatisch zu einem nicht vernichtungswürdigen, aber doch vernichtungsfähigen Unwert. [...] Deshalb ist es auch ein Irrtum anzunehmen, dass diese neue Regelung frauenfreundlich sei. [...] Jede Frau, die in Zukunft ein Kind austragen will, muss sich dann vor ihrer gesamten Umgebung rechtfertigen, weshalb sie nicht bereit ist, das Erlaubte und vielleicht von den anderen Geforderte zu tun. Vor der Liberalisierung der Abtreibung konnte sie die geballte Macht des Rechtsstaats anrufen, um sich dieses Drucks zu erwehren. Heute steht sie mutterseelenallein vor ihren Bedrängern." (S. 167f)

2 Kommentare:

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  2. Rohrmoser hat Unrecht: nur durch Gott hat's Leben Wert, da mit Gott Moral steht und fällt. Das trifft auch auf die Sinnfrage zu.

    Ich bin beispielsweise beinahe "gegen meinen Willen" Christ geworden; doch daß ich meine Existenz hasse, daran hat sich nichts geändert. Und da jeder nur sein eigenes Leben erleben kann, sind auch abgeschmackte Unsinnsäußerungen à la "Leben ist Geschenk" zu unterlassen.

    Nein, nur weil ich nun glaube, daß GOtt ist, darf ich nicht für Abtreibung sein. Auch gegen Selbstmord, denn wieviel lieber wäre ich bereits tot! Philipper 1,20-23, Jeremia 20,14-18, Prediger 4,3!

    Wie seufzte schon Hamlet:

    O that this too too solid flesh would melt,
    Thaw, and resolve itself into a dew!
    Or that the Everlasting had not fix’d
    His canon ’gainst self-slaughter. O God! O God!
    How weary, stale, flat, and unprofitable
    Seem to me all the uses of this world!

    Doch wenn Abtreibung strafbar ist, muß folgendes zwingend erforderlich werden:

    I. Wer Geschlechtsverkehr haben möchte, muß heiraten. Ehe wieder Pflicht, wie früher auch.

    II. Die Eugenik muß Pflicht sein -- wir hatten früher eine "biologische Vernunft" --, damit gemütskranke, bucklige und häßliche Versager wie ich nicht mehr zum Leben verdammt werden.

    Der Christ weiß, daß jeden ein strenges Gericht erwartet und die meisten verdammt werden (Lukas 13,24). Das ist das Leben nicht wert, bedenkt man, wie grottig es doch auf Erden ist, und wie erniedrigend unser Ursprung ist. Durch die Wollust in die Welt geschneuzt! Nein!

    Siehe auch Andy Nowickis Schriften, der als einer der wenigen Christen die Sexualität kritisch, also ehrlich sieht. Und ebenfalls pro-Ehe und vor allem pro-Enthaltsamkeit ist. Er hat selbst zwei Kinder; wie auch Vox Day mindestens drei hat, und dennoch weiß, daß "the Bible teaches it's best not to marry".

    Ich sehe das Leben nämlich bloß als Qual, daher ich pro-Abtreibung wäre, um weiteren Opfern dieses Jammertal zu ersparen. Doch dagegen steht nun der Glaube, sonst wäre mir ja auch Selbstmord erlaubt, den ich gerne verübte. Ich halte eben durch, wie Reinhold Schneider; oder auch Pascal, Kierkegaard.

    Ich schließe mit einigen "escolios" des großen kolumbianischen Katholiken Nicolás Gómez Dávila:

    Das Bevölkerungswachstum beunruhigt den Demographen nur, weil er fürchtet, daß es den ökonomischen Fortschritt stört oder die Ernährung der Massen erschwert.
    Aber daß der Mensch Einsamkeit braucht, daß die menschliche Vermehrung grausame Gesellschaften hervorbringt, daß man Abstand zwischen den Menschen benötigt, damit der Geist atme, entgeht seiner Aufmerksamkeit.
    Die Qualität des Menschen ist ihm gleichgültig.

    Marx gewinnt Schlachten, doch Malthus wird den Krieg gewinnen.

    Obgleich es den Angelismus des Demokraten kränkt: eine Zivilisation kann man nicht mit miserablem biologischen Material errichten.

    Kein Nutznießer von Sklaven ist Befürworter der Geburtenkontrolle

    Die Eugenik entsetzt diejenigen, die deren Urteil fürchten.

    Genf, das Genf, welches Calvin vom Krankenlager aus regiert, das Genf, dessen Schatten sich von der Kanzel Knox' bis zu den Vorzimmern des Vatikans ausdehnt, das Genf, wo eine Welt geformt wurde, hatte 1560 ungefähr 12 000 Einwohner.
    Die großen modernen Menschenmassen sind nicht nur ein Problem, sondern überflüssig.

    Entvölkern und aufforsten -- erste zivilisatorische Regel.

    Die zwei Hauptprobleme der gegenwärtigen Welt: demographische Expansion und genetische Degeneration sind unlösbar.
    Die liberalen Prinzipien verhindern die Lösung des ersten, die egalitären die des zweiten.

    Das Christentum ist eine Unverschämtheit, die wir nicht als Liebenswürdigkeit tarnen dürfen.

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