Mittwoch, 25. Juni 2014

Die Bibel „meistern“ - eine Idee für die „Stille Zeit“

Gegen Ende des letzten Jahres habe ich mir folgende Frage gestellt: Die letzten 12 Jahre habe ich die Bibel jedes Jahr einmal ganz durchgelesen in meiner (oft nicht grad allzu stillen) „Stillen Zeit“. Verschiedene Versionen von Bibelleseplänen habe ich dazu genutzt, aber irgendwie habe ich mal nach was ganz Neuem gesucht. Beim Googeln bin ich dann auf einen englischen Artikel von Fred Sanders auf Patheos gestoßen, der das Buch von James Gray „Mastering The English Bible“ vorstellt (inzwischen scheint der Artikel bereits im Nirvana angelangt zu sein – allerdings lässt er sich über die „Wayback Machine“ noch abrufen). Die Idee dahinter fand ich sehr spannend, so habe ich mir das Buch von Gray gleich mal als PDF (Link) heruntergeladen und gelesen.


Wer war James Gray?

James Martin Gray (1851 - 1935) war Pastor, Bibellehrer, Autor, Dozent und Präsident des Moody Bible Institute in Amerika. Nebst den 25 Büchern, die er schrieb, hat er auch einige Kirchenlieder verfasst. Er arbeitete lange Zeit mit dem Evangelisten Dwight L. Moody zusammen. Über die Entdeckung „seiner“ Methode des Bibellesens schreibt er:
Die erste praktische Hilfestellung, die ich je bekommen habe, um die englische Bibel zu meistern, stammt von einem [theologischen] Laien. Wir waren gemeinsam Besucher einer bestimmten christlichen Konferenz oder Zusammenkunft und für ein paar Tage zusammengewürfelt, und ich sah in seinem Leben als Christ etwas, was für mich vergleichsweise fremd war: Ein Frieden, eine Ruhe, eine Freude, ein geistliches Gleichgewicht, womit ich nur wenig Erfahrung hatte. Eines Tages wagte ich ihn zu fragen, wie er denn zu dieser Erfahrung gekommen sei. Er antwortete: „Indem ich den Brief an die Epheser gelesen habe.“ Ich war erstaunt, denn ich hatte ihn gelesen, ohne zu diesem Resultat zu kommen, und deshalb bat ich ihn, mir die Art und Weise, wie er ihn gelesen habe, zu erklären, als er folgendes berichtete: Er war dann und wann aufs Land gegangen, um dort den Samstag mit seiner Familie zu verbringen, als er eine Taschenausgabe des Epheserbriefs dabei hatte, und am Nachmittag, als er in den Wald ging und unter einen Baum lag, begann er zu lesen; er las ihn in einem Zug durch und fand sein Interesse erwacht, und las ihn gleich noch einmal auf dieselbe Art, und unter zunehmendem Interesse wieder und wieder. Ich glaube er fügte hinzu, dass er ihn etwa 12 oder 15 Mal durchlas: „Und als ich aufstand, um ins Haus zu gehen“, sagte er, „war ich im Besitz des Ephesebriefs, oder, besser gesagt, er war im Besitz von mir, und ich war 'hochgehoben um an himmlischen Örtern zu sitzen in Christus Jesus' in einer Weise, die auf Erfahrung gegründet war, wie das zuvor noch nicht so mit mir war, und es wird nie wieder aufhören, so zu sein.“ Ich gebe zu, dass mein Herz voll Dankbarkeit zu Gott war für das erhörte Gebet, als ich diesem einfachen Vortrag zuhörte, ein Gebet seit Monaten, wenn nicht seit Jahren, dass ich erfahren möge, wie man Sein Wort meistern kann. Und doch, gleichzeitig zu dieser Dankbarkeit kam auch die Demütigung hinzu, dass ich ein so einfaches Prinzip zuvor noch nicht entdeckt hatte, welches ein Junge von zehn oder zwölf Jahren hätte kennen können. Und daran zu denken, dass ein „ordinierter“ Pfarrer zu den Füßen eines [theologischen] Laien sitzen muss, um das wichtigste Geheimnis seines Handwerks zu lernen!“ (James M. Gray, How To Master The English Bible, S. 17ff, Übersetzung von mir)


Worum geht es bei seiner Methode?

Das Wichtigste der Methode ist damit erklärt. Normalerweise wird man dazu angeleitet, die Bibel Buch für Buch durchzulesen und dann wieder vorne anzufangen. Gray schlägt jetzt auch vor, vorne anzufangen, aber das erste Buch der Bibel nicht nur einmal, sondern gleich 20 Mal zu lesen, bevor das zweite Buch dran kommt. Gray gibt ein paar Regeln zu diesem Lesen:

1. Fang vorne an, beginne dort zu lesen, wo Gott mit Schreiben begonnen hat.

2. Lies das Buch. Es kommt nicht auf unsere Geschwindigkeit an, sondern einfach darauf, es zu lesen.

3. Lies das Buch fortlaufend. Immer weiter. Manche Bücher können auch in einzelne Abschnitte geteilt werden, die das Lesen erleichtern.

4. Lies das Buch immer und immer wieder. Gray schlägt 20 Wiederholungen vor. Dies scheint mir sinnvoll zu sein.

5. Lies das Buch unabhängig von Kommentaren, Erklärungen und Ähnlichem. Fremde Hilfe ist in dem Fall immer nur wie eine Krücke, die uns von anderen abhängig macht.

6. Lies das Buch unter Gebet. Das ist die wichtigste Regel für Gray. Das ernnsthafte Suchen Gottes im Gebet hilft uns, das jeweilige Buch der Bibel vom Heiligen Geist erleuchtet zu lesen.


Was sind meine bisherigen Erfahrungen damit?

Auch wenn ich eine absolute Leseratte und ein großer Bibelfreak bin, hat mich eine Sache daran etwas erschreckt, und ich denke, dass dies für die meisten Menschen das größte Hindernis ist: Ganz vorne anzufangen, mit einem Buch, das 50 Kapitel lang ist. Bei 20 Wiederholungen macht das alles insgesamt 1000 Kapitel, was bedeutet, dass man bei einem Durchschnitt von 3 Kapiteln pro Tag fast ein ganzes Jahr im 1. Buch Mose verweilt. Bevor ich mich an ein solch großes Unternehmen wagte, wollte ich die Sache erst mal in Ruhe testen. So habe ich das erste Halbjahr von 2014 damit verbracht, kurze Bücher der Bibel nach dieser Methode zu lesen. Aus dem Neuen Testament die Johannes- und Petrusbriefe sowie Titus und die zwei an Timotheus, aus dem Alten Testament Ruth und einige der 12 „kleinen Propheten“, immer abwechselnd eines aus dem Alten und eines aus dem Neuen Testament.

Wer sich also auch fragt, ob sich das lohnen würde, dem empfehle ich, das Projekt so anzugehen. Welche Bücher man sich zu „Testzwecken“ aussucht, ist eine persönliche Geschmackssache. Für den Anfang lohnt es sich, mit kürzeren zu beginnen, da man die Schwierigkeiten auf diese Weise schneller ausfindig machen kann.

Was sind die Schwierigkeiten? Es ist ein großes Projekt, für das man sich einige Jahre (ich rechne bei mir als jemand, der schnell, gerne und viel liest, 15 Jahre für das gesamte Projekt. Das ist ein ehrgeiziges Ziel, da dies im Durchschnitt 4 Kapitel pro Tag zu lesen bedeutet. Wer langsamer liest, sollte wohl eher mit 20 – 25 Jahren rechnen. Ebenso kommt man immer wieder an einen Punkt, an dem das Lesen schwierig wird. Es wird anstrengend. Man fragt sich: „Wie oft denn noch?“ In diesen Momenten ist es wichtig, dran zu bleiben und weiter zu lesen. Wieder und wieder und noch einmal. Hier ist Disziplin und ein gewisses Maß an Selbstbeherrschung nötig.


Mein persönliches Fazit

Meine bisherigen Erfahrungen damit sind sehr gut. Es ist sehr hilfreich, über längere Zeit in ein und demselben Buch der Bibel zu „wohnen“ und zu bleiben. Ich werde das Projekt ab dem Juli diesen Jahres starten. Ich bin gespannt, wie es laufen wird und was dabei herauskommt. Das 1. Buch Mose werde ich in folgenden Teilen lesen: 1. Mose 1–11 (Urgeschichte), 1. Mose 12–25 (Abraham), 1. Mose 26-35 (Isaak und Jakob) und 1. Mose 36-50 (Joseph). Ich werde mir für das „Zählen“ der Leserunden eine Tabelle zum Abhaken / Ankreuzen machen. Falls Interesse besteht, kann ich diese auch zum Download bereitstellen.

Was hältst Du nach dem Lesen diesen Beitrags von der Idee? Wenn es die (momentan eher knappe) Zeit erlaubt, werde ich ab und zu mal wieder von den Ergebnissen berichten.

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