Dienstag, 26. Februar 2013

Der Brief der Freude

Der Brief der Freude


Paulus und Timotheus, Knechte Jesu Christi, an alle Heiligen in Christus Jesus, die in Philippi sind, samt den Aufsehern und Diakonen: Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus! Ich danke meinem Gott, so oft ich an euch gedenke, indem ich allezeit, in jedem meiner Gebete für euch alle mit Freuden Fürbitte tue, wegen eurer Gemeinschaft am Evangelium vom ersten Tag an bis jetzt, weil ich davon überzeugt bin, daß der, welcher in euch ein gutes Werk angefangen hat, es auch vollenden wird bis auf den Tag Jesu Christi. (Philipper 1, 1 - 6)

Der Philipperbrief ist der Brief der Freude. In keinem anderen Brief wird die Freude so oft erwähnt, kein anderer Brief zeugt mit dem Stil, in welchem er geschrieben ist, so sehr von der Freude. Und kein anderer Brief fordert uns so oft auf, dass wir uns freuen sollen. Das ist das wichtigste Thema des Briefes an die Philipper. Paulus schreibt noch viel mehr darin, aber alles, was er schreibt, soll uns zur Freude führen. Paulus schreibt diesen Brief aus Rom, wo er in Gefangenschaft ist. Zu der Zeit, als er den Brief schrieb, durfte er in einer Mietwohnung leben, die vergitterte Fenster und bewachte Türen hatte, aber er lebte dort drin doch für sich und durfte Besuch empfangen. So war gerade Timotheus auf Besuch bei ihm, den er dann nach Philippi schicken wollte. Das schreibt er dann im Brief auch.

Paulus, der Mann der Freiheit, der große Evangelist, Apostel, Pastor und Gründer von vielen neuen Gemeinden, der Mann mit den Plänen, wie er die ganze Welt auf den Kopf stellen und für Christus gewinnen kann, dieser Mann sitzt im Gefängnis und schreibt übersprudelnd von der Freude. Komisch, nicht wahr? Er hätte jeden Grund, sich verbittert zurückzuziehen und zu denken, dass Gott ihn verlassen habe. Aber das tut Paulus nicht. Stattdessen weiß er, dass Freude nicht von den äußeren Umständen abhängt, sondern von seiner Reaktion auf diese Umstände. Wir finden in den Versen 3 – 6 in diesem ersten Kapitel insgesamt fünf Gründe, weshalb Paulus so voll Freude auch von diesem dunklen Ort in Rom schreiben konnte. Er möchte seine Gemeinde in Philippi informieren, wie es ihm geht. Sie haben gesehen, dass er im Gefängnis ist, waren darüber betrübt und haben ihm Geld geschickt und auch ein paar Fragen gestellt. So packt er die Gelegenheit am Schopf und schreibt ihnen diesen Brief.

1. Dankbarkeit
Der erste Grund für die Freude des Paulus ist seine Grundhaltung der Dankbarkeit. Es ist auffällig, dass er fast alle Briefe mit einem Gebet anfängt, in welchem er Gott für die Gemeinde dankt. Die einzige und sehr auffällige Ausnahme ist der Galaterbrief. Dort kommt er sofort zur Sache, denn es gibt einige sehr böse Geschehnisse in diesen Gemeinden, er hat von Leuten erfahren, die kurz davor waren, dem Glauben den Rücken zu kehren und versucht haben, andere dort mit hineinzureißen. Aber sonst haben wir in allen Briefen am Anfang den Teil mit der sogenannten Danksagung, also ein Gebet zu Gott, in dem Paulus für die Gemeinde dankt und insbesondere auch erwähnt, was er an den Gemeinden gut findet.

Dankbarkeit ist eine Grundhaltung des Menschen. Wir haben sehr oft eine Grundhaltung der Unzufriedenheit. Wenn man unzufrieden ist, so sieht man nur das, was man gerne anders hätte. Aber Paulus hat sich da etwas anderes angewöhnt: Er sucht immer zuerst nach dem, was er positiv anerkennen kann. Es ist faszinierend, wie er im ersten Brief an die Korinther, in der er ja, wie wir wissen, drei Kapitel lang über den rechten Gebrauch der Geistesgaben geschrieben hat, wo es daran doch so viel zu korrigieren gibt, trotzdem an erster Stelle dafür dankt, „dass ihr keinen Mangel habt an irgend einer Gnadengabe“ (1. Kor. 1, 7).

Natürlich – es gab viel, was die Gemeinden noch zu verändern hatten. Übrigens auch in Philippi. Da kommen viele Ermahnungen und Ermutigungen zur Veränderung nach. Aber zuerst stellt Paulus das heraus, was es zu würdigen gibt, und dankt dafür Gott. Auch für uns ist es wichtig, dass wir eine Kultur der Dankbarkeit leben und fördern. Viel zu oft leben wir nach dem Motto „ned gschumpf isch gnug globt“. Wir sprechen irgendwann nur noch das an, was uns stört, und verändern damit auch unseren Blickwinkel, weil wir dann auch nur noch das sehen, was nicht gut ist. Alles andere ist dann für uns wie selbstverständlich. Aber eigentlich ist es das nicht, denn viele Menschen haben gar nichts von alledem, was für uns selbstverständlich ist.

Die innere Haltung der Dankbarkeit zeigt sich äußerlich in dem, wie wir beten, aber auch dadurch, wie wir miteinander umgehen. Wer die Haltung der Dankbarkeit hat, der schaut sich nach dem um, wofür er „Danke!“ sagen kann. Bei Paulus sehen wir, wie er zugleich Gott dankt, aber dies so tut, dass klar wird, dass er zugleich auch den Leuten in Philippi dankt. Es ist also auf der einen Seite eine Dankbarkeit gegenüber Gott, aber zugleich ist er sich auch nicht zu gut dafür, das, was er kann, auch bei den Menschen positiv zu erwähnen. Er zeigt hier, dass es für ihn nicht selbstverständlich ist, dass sie an ihn gedacht haben und für ihn sorgen möchten. Er sagt also gewissermaßen auch den Philippern danke für ihre Anteilnahme und Hilfe. Freude kommt aus der inneren Haltung der Dankbarkeit.

2. Erinnerung
Paulus dankt Gott für die Philipper, und zwar „sooft ich an euch gedenke“. Er erinnert sich immer wieder an das, was er mit ihnen zusammen erlebt hat, wie er zu ihnen gekommen war und von Jesus erzählt hat. Und wie es manche gab, die das Evangelium annahmen und sogleich bereit waren, auch mitzuhelfen, dass noch mehr Leute davon erfahren sollten. Er erinnert sich, wie er in Philippi einer Frau den Wahrsagegeist ausgetrieben hat und wie daraufhin das Volk gegen Paulus aufgewiegelt wurde, so dass man Paulus sogar dort ins Gefängnis tat. Und doch hatten diese Menschen ihn nicht verlassen. Es war eine junge, brennende, feurige Gemeinde, die bereit war, alles zu geben, damit Menschen bekehrt wurden.

Und dann erinnert er sich auch, wie die Philipper sich immer wieder erkundigt hatten, wie es ihm gerade geht – und als sie erfahren haben, dass er in Rom in dieser Gefangenschaft ist, haben sie sich gesagt: Wir müssen ihm helfen! Lasst uns eine Sonderkollekte machen, die unser Epaphroditus dann zu ihm nach Rom bringen kann! Und wie sehr sich Paulus darüber freut, dass sie so an ihn denken, das kommt in jedem Kapitel dieses Briefs wieder erneut so deutlich rüber. Paulus erinnert sich, und das ist sein zweiter Grund für die Freude. Freude ist seine Reaktion auf die Umstände. Er ruft sich alles Gute in Erinnerung, wofür er danken kann. Deshalb kann er sich auch in seiner Gefangenschaft freuen.

Wenn du an Menschen denkst, die du um dich herum hast, was von ihnen kommt dir dann zuerst in den Sinn? Das, was sie dir schon alles Gutes getan haben oder die Dinge, mit denen sie dich verletzt haben? Paulus konnte in seiner Gefangenschaft gerade deshalb seine Freude behalten, weil er in allem das Gute gesucht hat. Wir lesen in diesem Brief weiter vorne noch viel mehr davon. Als Gefangener hätte er sich sagen können: Jetzt bin ich gefangen, da hat bestimmt Gott mich verlassen, damit das geschehen konnte. Aber davon lesen wir nichts. Im Gegenteil, er schreibt sogar, dass seine Gefangenschaft zur Förderung des Evangeliums beigetragen hat. Sein Leid, seine Gitter vor dem Fenster, seine Wächter, die auf ihn aufpassten, all das wurde von Gott zum Guten gebraucht, nämlich zur Förderung des Evangeliums, wie er im Vers 12 schreibt.

Dankbarkeit und die Erinnerung an all das Gute, was wir in unserem Leben bekommen, das sind zwei grundlegende Dinge, die zur Freude beitragen. Dazu müssen wir aber die Augen offenhalten und nach den Dingen suchen, die wir bekommen. Wenn es uns schwer fällt, uns in schwierigeren Zeiten an diese Dinge zu erinnern, hilft es auch sehr, wenn wir uns eine Art Danksagungstagebuch anlegen und es auch regelmäßig füllen. Dort kommt alles hinein, was wir mit Gott erleben und wo Menschen uns Gutes tun. Dann haben wir etwas, wo wir jederzeit lesen, uns erinnern und danken können.

3. Gebet / Fürbitte
Und dann sehen wir in einem weiteren Schritt: Paulus betet für diese Gemeinde, der er schreibt. Er tut Fürbitte für sie, und zwar nicht nur einmal, auch nicht nur hin und wieder, sondern jedes Mal, wenn er am Beten ist. Allezeit schreibt er. Das bedeutet nun nicht, dass er nur noch gebetet hat und sonst gar nichts anderes mehr getan, sondern er hat sich einfach angewöhnt, regelmäßig zu beten, und in diesen regelmäßigen Gebeten hat er auch jedes Mal für die Gemeinde in Philippi gebetet.

Wie jemand betet, auch wie oft und wofür, das sagt ganz viel über unsere Persönlichkeit und unsere Prioritäten im Leben aus. Wer vor allem für seine persönlichen Wünsche betet, fürs neue Auto oder einen schnelleren Computer, offenbart damit die Priorität dieser Dinge in seinem Leben. Paulus betet sehr viel für andere Menschen. Auch das offenbart seine Prioritäten. Ihm ist es nicht so wichtig, wann oder wie er aus seinem Gefängnis herauskommt, sondern vor allem, dass es den Leuten gut geht, die er liebt. Fürbitte, Gebet für andere, das ist etwas, was auch uns selbst ganz besonders verändert. Es gibt uns einen neuen Blickwinkel für unser Leben. Es macht uns frei von uns selbst, von der Priorität unserer selbst in unserem Leben. Wer vor allem an sich selbst im Gebet denkt, wird von sich und seinem Wohlergehen derart eingenommen, dass er von den eigenen Umständen abhängig wird.

Bei Paulus tritt dieses Ich-Mich-Mein-Mir so weit zurück, dass ihm das Wissen um das Wohlergehen der Philipper Freude bereitet. Er kann sich freuen, weil es ihnen gut geht. Er kann sich freuen, weil sie an ihn gedacht haben. Er kann sich freuen, weil sie ihre Sorge um ihn gezeigt haben. Fürbitte – Gebet für Andere – macht uns frei und bereitet uns Freude. Das ist wertvoll zu wissen. Für wen beten wir? Wen haben wir auf dem Herzen, für den wir in allen unseren Gebeten danken und um sein Wohlergehen bitten?

4. Gemeinschaft
Dann dankt Paulus für die Gemeinschaft am Evangelium. Die Leute in Philippi haben ihn unterstützt in seinem Dienst, und zwar auf ver-schiedene Art und Weise. Zunächst denkt er daran, wie sie, als er frisch zu ihnen kam, das Evangelium angenommen haben. Wie sie ihn ermutigt haben in seinem Dienst, als er gefangen genommen wurde und sie ihn nicht verlassen haben, sondern trotzdem weiter gemacht, mit ihm gelitten, mit ihm evangelisiert haben.

Doch auch jetzt geben sie Paulus noch genügend Grund zur Dank-barkeit, mit ihrer Unterstützung. Wie sie ihm Geld geschickt haben, damit er davon leben konnte und mehr Zeit für seinen Dienst hatte. Nicht nur einmal, sondern mehrmals haben sie ihm schon Teile aus der Kollekte zukommen lassen. Dann lesen wir in Vers 19, dass sie für ihn beteten, für seinen Dienst. Auch das war für Paulus eine große Ermutigung. Wie er zum Beispiel auch im Epheserbrief (6, 20) schreibt, ist es ihm wichtig, dass andere für ihn beten. Er weiß, dass er die Hilfe Gottes nötig hatte, er war nie einfach ein Einzelkämpfer, dem es egal war, was andere tun und denken. Er wusste um seine Kämpfe und Schwächen, und wünschte sich auch Gebet für noch besseren Dienst. In Vers 27 schreibt Paulus, dass sie auch jetzt immer fleißig dabei sind, das Evangelium bekannt zu machen. Auch das hat ihn ermutigt, denn so wusste er, dass er nicht allein war in diesem Dienst.

5. Vertrauen in Gott
Der letzte und wichtigste Grund zur Freude in diesen vier Versen ist die Gewissheit von Gottes Zuverlässigkeit. Er weiß, dass er Gott ganz und gar vertrauen kann. Und das ist ganz wichtig. Paulus sitzt in Rom, seine Wohnung ist überwacht, er kann nichts tun für die Philipper. Trotzdem freut er sich. Warum? Weil er weiß, dass sein Gott treu ist. Gehen wir einen Schritt näher in den Text. Was hier mit „ich bin überzeugt“ übersetzt wird, das ist ein Verb, das „sich sicher sein“ bedeutet. Das Verb ist in einer Zeitform, die eine abgeschlossene Handlung in der Vergangenheit bezeichnet. Wenn wir uns in der Bibel umsehen, so finden wir diese Zeitform in Johannes 19, 30. Da wird von der Kreuzigung Jesu berichtet. Das Letzte, was Jesus am Kreuz ausrief, das war: Es ist vollbracht! Dort bedeutet das Verb „etwas seinem Ziel zuführen“ und in der Zeitform der Handlung, die in der Vergangenheit abgeschlossen ist, bedeutet es: „Es ist vollständig ausgeführt“ oder „es ist vollkommen vollbracht“. Auf unser Verb bezogen zeigt es die Gewissheit, die Paulus hatte, dass Gott alles vollbringen wird, was Er Sich vorgenommen hat.

Bei Paulus finden sich ja immer wieder die Hinweise darauf, dass alles, was geschieht, lediglich die Ausführung von Gottes Plan ist, den Er bereits vor der Erschaffung der Welt gefasst hatte. Anders gesagt: Die ganze Weltgeschichte ist die Ausführung von Gottes Heilsplan. Alles, was geschieht, war von Gott zuvor geplant und wird jetzt in Raum und Zeit ausgeführt. Deshalb kann Paulus sich auch freuen, denn er weiß, dass es nicht so sehr auf ihn ankommt, sondern Gott tut alles zum Besten. Ich fürchte, dass wir uns manchmal zu ernst nehmen und denken, dass alles nur auf uns ankommt. Es stimmt, Gott gebraucht uns, ja, aber Er hat das, wofür Er uns gebraucht, bereits längst vorbereitet (Epheser 2, 10). Mit diesem Wissen können wir uns in allem freuen, denn Gott hat es im Griff, nicht wir.

Schluss:
So sehen wir: fünf Dinge sind es, die unsere Freude sein sollen. Und in unserem Brief kommt mehrmals der Befehl: Freut euch! Freut euch alle Zeit im Herrn! Freut euch! Warum ist Freude so wichtig? Wenn wir aufhören, uns in Gott zu erfreuen, beginnen wir ganz automatisch, uns um uns selbst zu drehen. Und irgendwann fangen wir an, denen, die sich freuen, das Leben schwer zu machen. Denn es darf sich ja niemand das Leben leichter machen als wir selbst, oder? Man fängt an, sich auf das zu konzentrieren, was andere alles tun sollten oder zu unterlassen hätten. Eins muss uns klar sein: Menschen werden uns immer wieder verwunden, verletzen. Wenn wir Freude haben, werden wir vergeben können, und die Sache ist erledigt. Wenn uns die Freude fehlt, wird jede Wunde ein Stück Bitterkeit bringen, denn ein Herz, in der diese Freude fehlt, ist wunderbarer Nährboden dafür.

Fünf Dinge haben wir aufgezählt, die uns helfen, die Freude statt der Bitterkeit zu kultivieren: Erstens Dankbarkeit. Offene Augen für das Gute und Schöne, für das, was Gott und Menschen uns Gutes tun. Zweitens Erinnerung. Ein Gedächtnis, das sich an das erinnern kann, wofür man zu danken hat. Drittens Gebet, Fürbitte für Menschen. Das wird unsere Herzen mit Liebe für jene erfüllen, für die wir beten. Viertens Gemeinschaft. Zusammen unterwegs sein, zusammen Zeit verbringen, zusammen für Gott arbeiten. Keiner ist allein. Und fünftens Vertrauen in Gott. Er wird es recht machen. Er wird auch aus unseren Fehlern das Beste machen. Er ist in Kontrolle, Sein Plan wird erfüllt. Er wird das Werk der Gnade, das Er in euch begonnen hat, vollenden.

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